J.W.von Goethe - DAS MÄRCHEN von der grünen Schlange und der weißen Lilie
Goethe als Freimaurer in Weimar und das mystische Rätsel von „Das Märchen“
Steffen Knabe
11/3/20244 min read


Goethe als Freimaurer in Weimar und das mystische Rätsel von „Das Märchen“
Johann Wolfgang von Goethe, einer der bedeutendsten Dichter und Denker Deutschlands, war nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Freimaurerei aktiv. In Weimar, wo er als Minister und Berater am Hof tätig war, spielte er eine zentrale Rolle in der intellektuellen und kulturellen Entwicklung der Stadt. Die freimaurerische Symbolik und Philosophie durchzog nicht nur sein Leben, sondern fand auch subtilen Ausdruck in seinen Werken, insbesondere in seiner anonym veröffentlichten Erzählung „Das Märchen“ von 1795.
“Das Märchen”, erschienen in der Sammlung “Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten”, wirkt auf den ersten Blick wie eine rätselhafte Fantasiegeschichte, die ohne klare Interpretation in die Welt gesetzt wurde. Doch viele Forscher sehen darin Goethes Absicht, ein mystisches Puzzle zu schaffen – eine Art literarisches Rätsel, das den Geist und die Neugier seiner Zeitgenossen herausfordern sollte. Interessanterweise sammelte Goethe akribisch alle Kommentare, Deutungen und Analysen zu seinem Werk. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass er nicht nur ein Werk schaffen wollte, das im Moment seiner Veröffentlichung verstanden wird, sondern dass er es gezielt als vieldeutigen Text gestaltete, der die Gelehrten seiner Zeit anregen und zur Diskussion einladen sollte.
Die Symbolik in „Das Märchen“ enthält zahlreiche Verweise auf die Freimaurerei: die Brücke, die die Welten verbindet, die vier Könige und das Licht des Alten mit der Lampe. Diese Elemente haben klare Parallelen zu freimaurerischen Konzepten von Erleuchtung, Erkenntnis und der Suche nach spirituellem Wachstum. Für Goethe als Freimaurer lag der Reiz darin, eine Geschichte zu schreiben, die wie ein verschlüsseltes Lehrstück funktioniert – eine Allegorie über den Weg zur inneren Reife, die durch die richtigen Leser entschlüsselt werden kann.
Der Jüngling als Symbol jugendlicher Neugier und Suche
Eine Figur, die mich persönlich besonders fasziniert, ist der Jüngling – auch „Knabe“ genannt, der dem Leser als Symbol der Unschuld, des Wagemuts und der ewigen Neugier erscheint. Als Verleger und als jemand, der sich vorgenommen hat, ein Leben lang seine kindliche Offenheit und Neugier zu bewahren, sehe ich in dieser Figur vieles von mir selbst. Der Jüngling steht stets an der Schwelle zwischen zwei Welten: der vertrauten und der unbekannten. Seine Entscheidungen sind geprägt von der Spannung zwischen dem Verlangen, das Unbekannte zu erforschen, und der Möglichkeit, sich dabei „die Finger zu verbrennen“ oder unvorhergesehene Folgen auszulösen – ein wenig wie die Pandora-Dose, die man nur mit Vorsicht öffnen sollte.
Oft stehe auch ich in meinem Leben vor ähnlichen Entscheidungen. Die Frage, ob ich das Verlockende ergreifen und dadurch vielleicht seine Unschuld zerstören soll, beschäftigt mich immer wieder. Das bekannte Bild vom Knaben, der das Röslein stehen sieht, spricht genau dieses Dilemma an: Pflücke ich die Blume, um sie zu besitzen, oder lasse ich sie unberührt, um ihre Schönheit zu bewahren? Dieser Gedanke, etwas zu bewundern, ohne es zu besitzen, erinnert mich auch daran, wie ich als Verleger versuche, Bücher für Kinder zu schaffen, die ihre natürliche Neugier anregen, ohne sie in ein Korsett zu zwängen. Liebe und Bewunderung müssen frei bleiben – genauso wie der Vogel, der nicht eingesperrt, sondern frei gelassen werden sollte, damit er freiwillig zurückkommt, wenn er es wünscht.
In „Das Märchen“ verkörpert der Jüngling genau diese Herausforderung: Er ist auf der Suche nach Wissen und Wahrheit, doch der Weg ist voller Prüfungen, und es bleibt ihm überlassen, ob er die Schwelle überschreitet. Goethe lässt diese Figur in einem mystischen Zwischenraum wandeln, in dem das Streben nach Erkenntnis genauso wertvoll ist wie das Ziel selbst. In der freimaurerischen Tradition, die Goethe inspiriert hat, steht dies symbolisch für die innere Entwicklung des Menschen – die Bereitschaft, das Unbekannte zu erforschen und dabei die eigene Integrität zu bewahren.
Die Heldenreise in „Das Märchen“
Als ich das universelle Modell der Heldenreise von Joseph Campbell auf „Das Märchen“ anwendete, war ich überrascht, wie gut es sich darauf übertragen lässt. Campbells Modell beschreibt den Weg des Helden als einen Kreislauf: Von der gewohnten Welt hinaus in das Unbekannte, durch Prüfungen und Herausforderungen, bis hin zur Rückkehr in die alte Welt – transformiert und weiser. Diese Struktur findet sich auch in „Das Märchen“, das den Leser in eine fremdartige, symbolische Welt entführt, in der die Charaktere Hindernisse überwinden und schließlich Erlösung und Weisheit erlangen.
In Goethes Erzählung spiegeln die Figuren archetypische Rollen wider, die in der Heldenreise immer wieder auftreten: Der Fährmann als Führer zwischen den Welten, die schöne Lilie als Symbol der reinen Seele und die grüne Schlange als transformative Kraft. Sie alle dienen einem höheren Zweck, der sich erst am Ende des Märchens enthüllt. Durch diese Herangehensweise wird deutlich, dass Goethe möglicherweise bewusst Elemente einer „Heldenreise“ in sein Märchen eingeflochten hat – entweder intuitiv oder durch freimaurerische Prinzipien beeinflusst, die oft ähnliche transformative Schritte und Initiationen beschreiben.
Ein Rätsel für die Ewigkeit
Goethes „Das Märchen“ bleibt ein vieldeutiges Werk, das die Leser auch heute noch fasziniert und herausfordert. Sein Gebrauch freimaurerischer Symbole, die Vermischung von Realität und Mythos, und die Betonung auf den Übergang und die Transformation sind eine Einladung, das Werk als mystisches Rätsel zu betrachten. Goethe selbst wollte keine eindeutige Interpretation vorgeben, sondern ein Werk schaffen, das als intellektuelles Abenteuer dient – ein Rätsel, das sich nur dem offenbart, der bereit ist, den verborgenen Weg zur Erkenntnis zu beschreiten.
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